17.05.2021

Hans van Ess

Qishiyi – Ein mandschurischer Beamter und seine Beschreibung der Westgebiete

Obwohl das Gebiet, das heute die autonome Provinz Xinjiang der VR China einnimmt, zumindest teilweise schon seit den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung immer wieder unter chinesischem Einfluss stand oder chinesischen Einflüssen ausgesetzt war, wurde es doch erst unter der letzten Dynastie, die über China herrschte, den mandschurischen Qing, fest an das Reich angebunden. Ein vergleichbares Ereignis waren in Europa wohl die polnischen Teilungen, die zur selben Zeit stattfanden, die aber, anders als die Eingliederung Xinjiangs in das chinesische Reich, durch die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts rückgängig gemacht worden sind. Vom vierzehnten bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts gab es zwar Handelsbeziehungen zwischen China und den in Xinjiang herrschenden Timuriden und ihren Nachfahren, doch wurde das Gebiet für die Chinesen wieder zu einer terra incognita. Westmongolische Stämme übernahmen später die Herrschaft und gründeten auf weiten Teilen des Landes das Dsungarenreich. Nachdem die Mandschuren die Dsungaren vertrieben hatten, errichteten sie eine Militärherrschaft. Diese brachte vermehrt Chinesen und Mandschuren ins Land. Aus der Zeit vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts liegt ein umfangreiches Buch vor, in dem ein mandschurischer Beamter seine Eindrücke aus dem Xinjiang der damaligen Zeit schildert. Er geht dabei auf die mandschurische Gründung der Stadt Urumqi, aber auch auf die unterschiedlichen dort siedelnden Völkerschaften des Landes ein, deren geographische Verteilung er beschreibt. Wie heute, so waren auch damals Uiguren nicht alleinige Bewohner Xinjiangs, sondern sie teilten sich das Land mit anderen. Daneben schildert der Autor aber auch in farbiger Sprache Sitten und Bräuche, die er wahrnahm. Dieser Vortrag will versuchen, das multikulturelle Xinjiang des achtzehnten Jahrhunderts zu beleuchten.

  • Van Ess, Hans, Die 101 wichtigsten Fragen China. München: C.H. Beck, 3. Auflage. 2020, 63-68.
  • Perdue, Peter, China Marches West: The Qing Conquest Of Central Eurasia. Cambridge (MA) / London: Belknap Press 2005, S. 480-486.