31.05.2021
Christine Moll-Murata
Xinjiang wird Provinz: Der Aufstand des Jakub Beg und die Folgen
Christine Moll-Murata
Xinjiang wird Provinz: Der Aufstand des Jakub Beg und die Folgen
Der Aufstand des Jakub Beg (ca. 1820–1877) steht am Beginn der Moderne in Chinas Fernem Westen bzw. im Osten Zentralasiens. Seit Beginn der Qingherrschaft 1644 stand „die neue Grenzregion“ Xinjiang im Ruf, von aufrührerischen ethnischen Gruppen besiedelt zu sein. Gewaltsame Konflikte entluden sich auch im 19. Jahrhundert. So erhob sich 1862 ein Aufstand der moslemischen Chinesen (Hui) in Chinas nordwestlichen Provinzen Gansu und Shaanxi, welcher erst durch chinesische Militäreinsätze 1873 beendet werden konnte. Im Zuge dessen gelang es dem Militärmachthaber Jakub Beg 1864, von Westen her in Xinjiang einzufallen. Da die chinesischen Armeen in die Niederschlagung des Hui-Aufstands eingebunden waren, konnte Jakub Beg in Xinjiang den unabhängigen Staat Kashgarien mit der Hauptstadt Turfan gründen. Dieses Reich wurde 1877 von chinesischen Truppen zurückerobert. Jakub Beg hatte 1872 sowohl mit der britischen als auch mit der russischen Regierung Handelsverträge geschlossen. Russland hielt in dieser Periode der Schwächung Chinas Nordwest-Xinjiang besetzt. Nach der Rückeroberung Kashgars vertrieben die Qingtruppen auch die russische Besatzung aus Xinjiang.
Der Aufstand Jakub Begs ist auch deshalb ein Wendepunkt in der Geschichte Xinjiangs, als erstmals bei einem Konflikt in der Region moderne Feuerwaffen verwendet wurden und die Regierungstruppen in den Methoden westlicher Kriegführung unterwiesen waren. Bedeutender ist allerdings, dass die Region jetzt Teil des „Great Game“ zwischen England und Russland um die Dominanz in Zentralasien wurde. Die Qingregierung schuf im Jahr 1884 durch die Errichtung einer Provinzregierung klare Verwaltungszuständigkeiten, die mit Unterbrechungen in den 1930er und 40er-Jahren bis heute anhalten. So lassen sich die Ereignisse in innen- und außenpolitische sowie in transregionale Diskurse einordnen, die auch für die Frage der chinesischen Einwanderung in der Region bis heute bedeutsam sind.
- Millward, James, Eurasian Crossroads: A History of Xinjiang. New York: Columbia University Press 2007, 117-177.
- Kim, Hodong, Holy War in China: The Muslim Rebellion and State in Chinese Central Asia, 1864-1877. Stanford: Stanford University Press 2004, 79-97.