03.05.2021

Michael Höckelmann

Das Uiguren-Reich im Spiegel chinesischer Quellen

Dieser Vortrag befasst sich mit der Geschichte des „mittelalterlichen“ Uiguren-K(h)aganats (Reich eines Großkhans) des 8. und 9. Jahrhunderts u.Z. aus zwei Perspektiven: zum einen aus der Sicht zeitgenössischer bzw. zeitnaher Quellen—chinesischsprachige Dokumente sowie Geschichtswerke des 10. und 11. Jahrhunderts—, zum anderen aus der Sicht moderner, überwiegend Han-chinesischer Historiker des frühen 20. Jahrhunderts. Welche unterschiedlichen Rollen spielten die Uiguren für die Historiker des Mittelalters und der Neuzeit? Welche Funktion erfüllten die Uiguren in der Konstruktion ethnisch-kultureller Identitäten des Eigenen und des Fremden? Waren die Uiguren, zumindest als passive Subjekte, gar maßgeblich an der Formulierung dessen, was als „moderne Identität Chinas“ bezeichnet wird, beteiligt? Ein weiteres Augenmerk des Vortrags liegt auf der wechselvollen Geschichte der administrativ-militärischen Kontrolle Xinjiangs—der Westlichen Regionen (Xiyu 西域) bzw. des Protektorats zur Befriedung des Westens (Anxi duhufu 安西都護府)—durch chinesische wie nicht-chinesische Regime bis ins Mittelalter. Die Betrachtung dieser Geschichte und der damit verbundenen Fluidität von Grenzen und der Mobilität von Menschen kontrastiert mit historischen Besitzansprüchen sowie der Vorstellung einer kontinuierlichen territorialen Einheit.

  • Chen Yinke 陳寅恪, Sui Tang zhidu yuanyuan lüe lun gao, Tangdai zhengzhi shi shu lun gao 隋唐制度淵源略論稿·唐代政治史述論稿. Beijing: Sanlian Shudian, 2001 [1944/1943], 321-355.
  • Drompp, Michael R., Tang China and the Collapse of the Uighur Empire: A Documentary History. Leiden: Brill 2005, 1-38.